Auslegung einer Verjährungsverzichtserklärung – BGH, Urteil vom 17.12.2020, Az. I ZR 239/19 – „Verjährungsverzicht“

von Rechtsanwältin Dr. Elisabeth Freifrau von Weichs und Rechtsanwalt Dr. Daniel Kögel, 26. April 2021

Mit kürzlich veröffentlichter Urteilsbegründung hat der BGH in einer Leitsatzentscheidung vom 17.12.2020 geurteilt, dass eine im Dezember 2006 abgegebene, nicht formularmäßige Erklärung, hinsichtlich der Vergütungspflicht nach § 54a Abs. 1 UrhG für PCs auf die Einrede der Verjährung zu verzichten, auch Vergütungsansprüche nach den § 54 Abs. 1, § 54g UrhG a.F. erfasst, sofern kein abweichender Parteiwille feststellbar ist (Link zur Entscheidung).

Klägerinnen waren die VG Wort und die VG Bild-Kunst, welche die gesetzlichen Vergütungsansprüche für digitale Vervielfältigungen stehenden Textes und stehenden Bildes wahrnehmen.

Schon im Ausgangsverfahren vor dem OLG München (Az. 6 Sch 35/18 WG), so wie bereits zuvor im Verfahren vor der Schiedsstelle beim DPMA, hatten die VG Wort und die VG Bild-Kunst unter anwaltlicher Vertretung durch Scales Rechtsanwälte die nunmehr vom BGH bestätigte Rechtsauffassung vertreten, wonach die seinerzeitige Abgabe einer Verjährungsverzichtserklärung unter Benennung der damals nach allgemeiner Auffassung einschlägigen Anspruchsgrundlage hinsichtlich gesetzlicher Vergütungsansprüche für digitale Vervielfältigungen von stehendem Text und Bild (§ 54a UrhG a.F.) einer Verjährung dieser tatsächlich in § 54 UrhG a.F. zu verortenden Ansprüche nicht entgegenstehen kann.

Hintergrund ist ein jahrelanger Rechtsstreit der beiden Verwertungsgesellschaften dazu, auf welche Anspruchsgrundlage die vorbenannten Vergütungsansprüche gestützt werden können. Dies führte zu verschiedenen Urteilen des BGH nebst zwischenzeitlicher Verfassungsbeschwerde und Vorlagefrage an den EuGH. Erst mit der „PC III“-Entscheidung vom 03.07.2014 (Az. I ZR 30/11) stellte der BGH entgegen der bis dahin überwiegend vertretenen Ansicht fest, dass gesetzliche Vergütungsansprüche für digitale Vervielfältigungen stehenden Textes und stehenden Bildes nicht auf § 54a UrhG a.F. gestützt werden können, dafür aber aus § 54 UrhG a.F. folgen.

Ungeachtet des Abschlusses einer Einigung mit dem Großteil der betroffenen Vergütungsschuldner bestehen auch weiterhin mehrere Rechtsstreitigkeiten mit Vergütungsschuldnern, welche sich u.a. auf die Verjährung der Ansprüche berufen und diesbezüglich teils auch damit argumentieren, die damals abgegebene Erklärung habe sich explizit nur auf Ansprüche aus § 54a UrhG a.F. bezogen.

Nach der „Verjährungsverzicht“-Entscheidung des BGH vom 17.12.2020 ist diese Auffassung im Grundsatz indes nicht mehr haltbar, was für die VG Wort und die VG Bild-Kunst in ihrem seit zwei Jahrzehnten andauerndem Einsatz für Vergütungsansprüche der betroffenen Rechteinhaber einen weiteren wichtigen Wegpunkt markiert.